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Wenn vom 26. bis zum 28. Juni 1981 die Stadt Döbeln ein großes Heimatfest veranstalten will, dann liegt diesem Datum mit Sicherheit die erste urkundliche Erwähnung "Doblins" im Jahre 981 zugrunde. Döbeln, heute eine Stadt mit knapp 30.000 Einwohnern, ist im Tal der Freiberger Mulde gelegen, etwa vier Kilometer östlich der Stelle, an der die Zschopau sich mit der Mulde vereinigt. Von Hügelland umsäumt, erstrecken sich heute der südliche und der nördliche Stadtteil bis auf die Höhen, im Süden den Geyersberg hinauf, im Norden den Leipziger Berg überziehend. Die Altstadt liegt eingebettet im Tal auf und beiderseits der Muldeninsel, auf der das alte Döbeln, abgesichert durch eine Rundmauer mit zwei Toren, einst lag. Lieblich ist das Tal der Mulde besonders zwischen Döbeln und Roßwein mit den bewaldeten Hängen. Döbeln liegt im Kreuzungspunkt der Bahnlinien Leipzig Döbeln Dresden und Chemnitz Döbeln Riesa Berlin, ist außerdem im Norden direkt an die Autobahn LeipzigDresden und im Süden indirekt mit dem Anschluß bei Hainichen an die Autobahn Dresden Chemnitz Eisenach verkehrsmäßig gut angebunden. Funde aus der Steinzeit beweisen, daß das Gebiet schon sehr früh besiedelt war. Aus der Bronzezeit sind Gefäße und Scherben auf dem Döbelner Gottesacker gefunden worden. Es waren Germanen, die das Land besiedelten, um Christi Geburt herum war es der Stamm der Hermunduren, der dann von den Warnern abgelöst wurde. Mit Viehzucht, Ackerbau und als Jäger stellten sie ihren Lebensunterhalt sicher, während der Boden selbst der Markgenossenschaft gehörte. Zur Zeit der Völkerwanderung zogen,die Warner nach dem Harz. Von der Elbe her erfolgte etwa im Jahre 565 die Neubesiedlung durch die Sorben. Es entstanden kleine Siedlungen, Sippen und Besitzdörfer. Der "vornehmste" Ort war Doblin. Die Sorben betrieben Ackerbau und tauschten ihre Erzeugnisse mit den Deutschen, die den Handelsweg (alter böhmischer Weg) von Halle über RochlitzTöpelberg zur Mulde und von da über das Erzgebirge und über Freiberg nach Teplitz und Prag benutzten, vornehmlich gegen Waffen ein. Da sich neben ehrlichen Händlern auch räuberisches Volk herumtrieb, wurden Schutzwälle errichtet, in Doblin auf der Muldeninsel zusätzlich eine Holzburg. Die Sorben blieben etwa 400, Jahre auf dem alten germanischen Boden, auf den 929 beginnend erneut die Deutschen zurückkehrten und damit das Gebiet zwischen Saale und Elbe wieder deutscher Besitz wurde. 965 hielt Markgraf Günther Einzug in die von Heinrich I. gegründete Burg Meißen. 968 wurde das Bistum Meißen gestiftet. Obwohl um das Jahr 965 in Verbindung mit den Sorben und dem Ritter Dobela schon erwähnt, stammt die erste urkundliche Nennung Döbelns aus dem Jahre 981. Damals wurde das "Castell Doblin" am 21. Juli von Kaiser Otto II. an das Kloster Memleben in Thüringen verschenkt. 1292 Wird "Doblyn" erstmals urkundlich als Stadt erwähnt. Der Besitz des Klosters Memleben ging nach dessen Verarmung in das Eigentum des hessischen Klosters "Heersfeld" über. Die hessischen Mönche kümmerten sich aber kaum um Doblin, so daß die Meißner Markgrafen es in Lehen nahmen und Ritter als Vögte und Verwalter nach Döbeln schickten. Die Stadt wurde vom Bürgermeister mit acht bis zwölf Stadträten verwaltet; der Vogt behielt die Oberaufsicht. Die Ernennung erfolgte zunächst durch die Markgrafen, ging aber später im Wahlverfahren auf die Bürgerschaft über. Der markgräfliche Vogt übte den Vorsitz im Stadtgericht aus, das es seit 1300 gab. Das Stadtsiegel wurde eingeführt (es stellte einen Regenbogen mit Reichsapfel und Kreuz mit etlichen Sternen vor und galt als Zeichen des jüngsten Gerichtes) und ausschließlich vom Gericht verwendet. Das spätere Stadtwappen zeigt drei Türme über drei Toren, Sachverständiger in Rechtssachen war der gebildete Stadtschreiber; der Kämmerer verwaltete das Stadtgeld, er war der Schatzmeister, während der Harnischmeister der Rüstkammer vorstand, für die Stadtverteidigung zuständig war und mit den Hauptleuten auch Viertelmeister genannt die waffenfähigen Männer ausbildete. Die Bürger hatten sich zu dieser Zeit in ihren Gewerben bereits zu Innungen zusammengeschlossen (1277); die Familiennamen wurden erblich (1300) und leiteten sich meist von den Gewerben ab. Der Handel blühte und erstreckte sich bis Augsburg und Breslau sowie nach Böhmen. Dieses Aufblühen wurde 1333 durch einen Riesenbrand unterbrochen, bei dem fast alle Häuser und damit auch die Werkstätten zerstört wurden. Die Obdachlosen mußten in Roßwein untergebracht werden. An dieser Stelle sei erwähnt, daß die Stadt noch weitere große Brände erdulden mußte, so in den Jahren 1429, 1450, 1454, 1488, 1523, 1730 und 1801. Der 1730er Brand war der verheerendste. 600 Familien wurden obdachlos, auch Kirchen und Rathaus brannten nieder. Vom Brand 1333 blieb das außerhalb der Stadtmauer liegende Benediktinerinnenkloster verschont. Das Kloster war nach Umbau des St. GeorgHospitals entstanden, das Ritter Magnus gestiftet hatte. Am 25. März 1330 war der Bau von den Nonnen aus Staucha bezogen worden. Im Laufe der Zeit betrachteten die Markgrafen das Land um Döbeln als ihr Eigentum und verkauften es 1382 an das Bistum Meißen. Zwischenzeitlich war an der Stelle der abgebrannten Holzburg auf dem Schloßberg der Muldeninsel von Döbeln eine Wasserburg in Hufeisenform mit der offenen Front nach Westen, also zur Stadt hin, erbaut worden., die als das schönste Wasserschloß weit und breit galt und deshalb auch oft hohen Besuch beherbergte. Mit einem großen, runden Turm, dem Bergfried, lehnte sich das Schloß direkt an die Stadtmauer an; am Fuße des Berges erhob sich die St. Nicolaikirche; daneben war der Friedhof. Zu dieser Zeit bestand in Döbeln ein Erzpriesterstuhl; die Stadt war Zentrum des kirchlichen Lebens des Muldentales. Dorfkirchen waren in der Umgebung entstanden, die älteste ist die in Knobelsdorf (1186). Döbeln selbst besaß neben der Hauptkirche St. Nicolai noch die Kirchen St. Jacobi, St. Georg, St. Maria Magdalena und zwei Kapellen. 1429 fielen die Hussiten im Lande ein und richteten große Schäden an; vom 20. bis 25. September 1450 verwüsteten die Böhmen das Land total und brannten ganze Dörfer nieder. Auch die Kirchen gingen in Flammen auf, ebenso das Schloß. Die Stadt wurde wieder aufgebaut und erweitert, das Schloß blieb Ruine. Stadthausstraße und Staupitztor bildeten den neuen Abschluß nach Westen zu, während sich hinter dem Obertor (am Schloßberg) die Straßen von Dresden, Oschatz und Leipzig vereinigten. Vom Obertor wurden diese als eine Straße zum Niedertor geführt und teilten sich dahinter nach Waldheim, Hainichen und Roßwein. So wie die Stadt in fast regelmäßigen Abständen von Großbränden heimgesucht wurde, wütete auch mit beinahe ebensolcher Folge die Pest in Döbeln. Pestjahre waren 143940, 1463, 1474, 1515, 1558, 1568, 1588, 1611, 1625, 1637 und 1643. Mitte des 15. Jahrhunderts sind Innungsbriefe und Schulen erstmals erwähnt, aus dem geselligen Leben die Schützengilde. 1508 tauchte Johann Tetzel in Döbeln auf; er verkaufte Ablaßbriefe, wurde jedoch vom Amtmann der Stadt nach Hinwegnahme aller Einnahmen aus der Stadt gewiesen, da er seinen Handel ohne Erlaubnis betrieben hatte. Martin Luther war auf einer Reise von Waldheim nach Dresden kurz in Döbeln gewesen und hatte unter Hinweis auf Tetzel geäußert, es sei notwendig, diesem Treiben ein Ende zu setzen. So wurden denn auch die 95 Thesen vom 31. Oktober 1517 in Döbeln begeistert aufgenommen. Der Bischof von Meißen ließ 1521 in Döbeln die Bannbulle gegen Luther anschlagen. Im Oktober des gleichen Jahres wurde auf Geheiß des Bischofs von Meißen der Pfarrer Jakob Seidler nach Döbeln verbannt. Er war bis kurz vorher in Stolpen inhaftiert gewesen und erst auf Bitten Melanchthons und einiger Bürger seiner früheren Pfarrei Glashütte freigelassen Worden. Seidler hatte sich der Lehre Luthers angeschlossen und hatte seine Köchin geheiratet; er war deshalb in Ungnade gefallen und in Stolpen in der Burg gelandet. Es sprach sich schnell herum, daß er gut predigen könne. Er gewann rasch Freunde, unter ihnen den Organisten, den Schulmeister, drei Ratsherren und an die zehn Bürger. Sie baten Seidler um eine Predigt und an Martini, am 11. November 1521 wurde, da die Kirche nicht zur Verfügung gestellt worden war, im Rathaussaal der erste evangelische Gottesdienst abgehalten. Nach weiteren fünf Predigten griff der Bischof ein und ließ Seidler wieder in Stolpen arretieren, während seine Döbelner Anhänger kurze Haftstrafen nacheinander im Gefängnis der Stadt absitzen mußten. Seidler gelang übrigens später die Flucht aus Stolpen nach Nürnberg, wo er blieb, da der Bischof von Meißen ein Gnadengesuch nicht annahm. Die Reformation war auch für Döbeln nicht aufzuhalten. Im Jahre 1539 erhielt die Stadt mit Conrad Wofram ihren ersten evangelischen Pfarrer. Das Nonnenkloster wurde aufgelöst; die letzte Nonne starb 1582. 1545 führte Luther seinen ehemaligen Famulus, Magister Braun, feierlich in Döbeln in sein Amt als Pfarrer ein. Die verheerenden Auswirkungen der Brände und der Pest blieben nicht die einzigen Schicksalsschläge, die Döbeln in bestehen mußte. Hochwasser in den Jahren 1609, 1660, 1668, 18.54 und 1909 richteten schwere Schäden an. Noch schlimmer waren im 17, 18, und 19. Jahrhundert die Plünderungen und geldlichen Lasten, welche die Stadt durch kriegerische Verwicklungen, riesige Truppeneinquartie rungen von Freund und Feind zeitweise bis an den Rand des totalen Bankrotts brachten. Wegen Zahlungsunfähigkeit der Stadt, auch wegen Nichtgestellung angeforderter Soldaten, mußten verantwortliche Döbelner Bürger mehrmals Haftstrafen auf sich nehmen. Es würde den Rahmen dieses Abrisses geschichtlicher Ereignisse Döbelns sprengen, wollte man hier alle diesbezüglichen Ereignisse im einzelnen nennen. Es seien daher nur die wichtigsten erwähnt. Der 30jährige Krieg bürdete der Stadt erhebliche Lasten auf. So mußten allein 1634 volle 7000 Taler Kriegsgeld gezahlt werden. 1637 plünderten 400 Schweden die Stadt und verlangten dann noch 8000 Taler für die "Schutzwache". 1760 brachen im Siebenjährigen Krieg die Österreicher in die Stadt ein und richteten schwere Verwüstungen an. Ein Jahr später kam es zu einem Kuriosum: Vor dem Obertor standen die Preußen, vor dem Untertor die Österreicher. Der Kampf um Döbeln am 14. und 15. November 1761 kannte keinen Sieger, und so blieb die Stadt bis zum darauffolgenden Frühjahr neutral. Die Preußen aber ließen die Bauern nicht mit Lebensmitteln in die Stadt, die Österreicher die Kaufleute mit ihren Waren nicht heraus. So gab es dadurch finanzielle Nöte und eine Hungersnot. 1763 schließlich forderten die Preußen die Zahlung von 10000 Talern, die trotz aller Armut auch am 8. Februar nach Meißen gesandt wurden. In den Jahren 1809 bis 1815 mußten ganze Regimenter von Freund und Feind im Wechsel untergebracht und verpflegt werden. 1866 lagen mehr als 1500 Preußen in der Stadt. Sie sprengten beim Abmarsch die Bahnbrücke in Bauch1itz. Döbeln war auch selbst mit Unterbrechung Garnisonstadt. 1888 bezogen zwei Bataillone des 11. Kgl. sächsischen InfanterieRegiments die neue Kaserne und behielten diesen Standort bis 1918. Ein Jahr später zog das Ausbildungsbataillon des Reichswehr-InfanterieRegiments 11 ein und verblieb bis zum Zweiten Weltkrieg. Danach wurde die Kaserne von Soldaten der Roten Armee genützt. Das Stadtbild hat sich besonders durch die Großbrände im Laufe der Zeit mehrmals gewandelt. Große Veränderungen gab es, als 1839 die Stadtmauer und die Stadttore abgebrochen, die Steine (auch die der Schloßruine) im Lauf der nächsten Jahre zum Haus und Straßenbau verwendet wurden. Straßen wurden begradigt, Straßenbeleuchtung mit Zuglaternen eingeführt. An dem Platz, an dem das Schloß gestanden hatte, wurde die Schloßbergschule errichtet; neue Muldenbrücken wurden gebaut und damit die Stadterweiterung erleichtert. Zwischen 1835 und 1880 wurden befestigte Straßen zu den Nachbarstädten angelegt. 1880 hatte die Stadt 11.802 Einwohner. Wirtschaft und Industrie nahmen in dieser Zeit begünstigt durch den seit Mitte des Jahrhunderts erfolgten Anschluß an zwei Bahnlinien erheblichen Aufschwung. In den vergangenen Jahrhunderten waren hauptsächlich Hutmacherei, Tuchweberei und Lederwarenerzeugnisse die Haupterwerbsquellen. 1800 gab es in Döbeln 100 Tuchmachermeister. 1820 wurde die erste Spinnmaschine aufgestellt und damit der Niedergang der Hausindustrie eingeleitet. Diese Entwicklung beschleunigte sich noch mit der Einführung der Dampfmaschine. Neben der Tuchweberei spielte die Schuhmacherei eine wichtige Rolle. 1853 besaß Döbeln 204 Schuhmachermeister. Als die Schuhfertigung maschinell möglich war, ging die Zahl der Meister rasch zurück, während in den Nachbarstädten Leisnig, Roßwein und Waldheim Schuhfabriken entstanden. Die Lederverarbeitung bedingte Gerbereien, so waren um 1800 in Döbeln 25 Gerbereien ansässig., Diese Betriebe wurden nach und nach von der Beckschen Lederfabrik aufgesogen. Dieser Fabrikbetrieb umfaßte schließlich 52 Gebäude, beschäftigte über 350 Arbeiter und galt 1870 als die drittgrößte Lederfabrik Deutschlands. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden ganz neue Wirtschaftsund Industriezweige, begünstigt durch die Gesetze über Freizügigkeit (1867) und Gewerbefreiheit (1869). Bedeuteten diese Gesetze praktisch auch den endgültigen Untergang des Hausgewerbes, so ermöglichten sie andererseits den Wirtschaftsaufschwung. 1878 gründete Robert Tümmler seine Metallwarenfabrik (Schlösser, Beschläge). Er hatte bis 1914 mehr als 1.000 Mann Belegschaft. Franz Richters Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen genoß einen Ruf weit über Sachsen hinaus. Bahnbrechend auf dem Gebiet des Feuerwehrwesens war die Müllersche Spritzenfabrik. Die Familien Schmidt gründeten Blechwaren, Pfeifen und Seifenfabriken. Silberwaren wurden durch Köberlin weit bekannt; die chemische Fabrik Greiner, Saupes Zuckerarbenfabrik, die Zuckerfabrik als drittgrößte Deutschlands (Modell im Münchner Deutschen Museum), die Clemen Schokoladenfabrik, sowie mehr als zehn Betriebe der Zigarrenindustrie (größtes Werk: Krenter) begründeten und verstärkten im wesentlichen den guten Ruf der Döbelner Wirtschaft und seiner Industrie. Diese Entwicklung war wesentlich auch den guten Bahnverbindungen zu verdanken. 1839 wurde die ganze Strecke DresdenRiesaLeipzig eröffnet, 1844 der Bau der Strecke RiesaChemnitz genehmigt. Bereits am 29. August 1847 verkehrte der erste öffentliche Zug von Riesa nach Großbauchlitz, das damals gleichzeitig der Bahnhof für Döbeln war, denn der Bau der Linie von Chemnitz her verzögerte sich aus Geldmangel um fünf Jahre. 1868 wurde die Strecke LeipzigDöbelnDresden in Betrieb genommen. 1884 folgte DöbelnMügeln und 1911 schließlich der Anschluß nach Lommatzsch. Die Wirtschaftsentwicklung hatte auch Neubauten öffentlicher Gebäude zur Folge. Bankhäuser wurden errichtet, das Theater erstellt, die Amtshauptmannschaft im neuen Gebäude an der Königstraße eingerichtet. Die Post wurde in einem Neubau untergebracht, nach der Jahrhundertwende wurde das Rathaus zu klein. Es wurde 1909/10 abgebrochen. Der Neubau, so wie er sich heute noch präsentiert, wurde 1912 eingeweiht. Die St. Jacobikirche erstand in der Bahnhofstraße neu, eine katholische Kirche, Gas und Elektrizitätswerk wurden erstellt. Die Beschleunigung im privaten Hausbau setzte erst etwa ab 1890 voll ein. Neue Straßenzüge entstanden. Im Süden wurde der Geyersberg bebaut; bald überzogen im Norden neue Häuser den Leipziger Berg. Sörmitz, Kleinbauchlitz und Keuern wurden einverleibt, und damit war die Ausdehnungsmöglichkeit nach allen Richtungen gegeben. Die neuen Stadtteile auf den Höhen im Norden und Süden paßten sich gut dem Stadtbild im Muldenkessel an. Gleiches kann man von dem Neubauviertel aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg im Ostteil der Stadt, am Obergottesacker nach dem "Gakenberg" zu, in keiner Weise behaupten; es wirkt wie ein häßlicher Fremdkörper. Noch ein Wort zum Schul und Bildungswesen. Bereits um 1400 wird in den Aufzeichnungen die Gründung von Stadtschulen erwähnt. Zur Zeit Luthers gab es eine Lateinschule. Die Unterbringung der Schüler jedoch war bis etwa 1800 sehr schlecht. Die Gebäude waren durchweg in einem mangelhaften Zustand. So liegt von 1779 ein Bericht über den Zustand der Döbelner Lateinschule vor (sie hatte damals fast 200 Schüler), der von "lebensgefährlichen Buden“ spricht. Erst im 19. Jahrhundert besserte sich dies durch viele Neubauten. Die wichtigsten waren die Schloßberg, die Körnerplatz und die HandelsRealschule, die 1869 ihren Betrieb aufnahm und der 1872 eine Landwirtschaftsschule angegliedert, und die zwei Jahre später in ein Realgymnasium umgewandelt wurde. Ihr wurde die "Höhere" Landwirtschaftsschule angegliedert, übrigens die einzige ihrer Art in Sachsen. Das Leistungsniveau dieser kombinierten Schule stand bis zum Zweiten Weltkrieg in hohem Ansehen; die Schule hatte über Sachsens Grenzen hinaus einen guten Ruf. Der Verfasser dieser Zeilen ist stolz, Schüler dieser Ausbildungsstätte gewesen zu sein. Aus Anlaß der 1000jährigen Wiederkehr der ersten urkundlichen Erwähnung von 981 begeht die Stadt Döbeln nun also im Juni (26. bis 28.) ein Heimatfest. Die Stadt befindet sich seit Jahren in baulichem Umbruch, und vieles hat sich bereits geändert, bei weitem nicht immer zum Besten. Sicherlich werden an den Festtagen viele alte Döbelner ihrer Heimatstadt zustreben und gewiß auch die St. Nicolaikirche besuchen. Diese wurde in den letzten Jahren unter erheblichen finanziellen Anstrengungen einer totalen inneren und äußeren Restaurierung unterzogen. Hierbei halfen auch die ' ehemaligen Schüler des Realgymnasiums mit Höherer Landwirtschaftsschule soweit sie im Bundesgebiet leben durch Beschaffung von Materialien mit, die es an Ort und Stelle nicht oder kaum gab. Allein das Gewicht der für das Kupferdach der Kirche benötigten Kupfernägel war erheblich. Die Besucher werden aber auch feststellen müssen, daß viele alte, wertvolle und denkmalswürdig gewesene Gebäude nicht mehr stehen, und daß teilweise Baufremdkörper das ehemals so harmonische innere Stadtbild verändert, ja zerstört haben.
Hans Scheunpflug - veröffentlicht 1981 im Heft 1 - 1981 „Sächsische Heimat“ - Bundeslandmannschaft Sachsen e.V. - Stuttgart
Quellen: von Metsch Reichenbach; E. Reinhold: "Geschichte des Bezirks Döbeln”; C. Schwend: "Döbeln und Umgebung".
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